Wir stellen uns vor

Jörg Ziaja

Alles begann im Sommer 2009.

Meine rechte Hand zitterte zeitweise.

Ich hatte auch schon zahlreiche Arztbesuche wegen Schulter- Nackenschmerzen hinter mir. Mein Hausarzt sagte mir ich sollte einen Neurologen aufsuchen, denn dies könnte nervlich bedingt sein.

Mit meinen damals 39 Jahren hatte ich noch keinen Gedanken an Parkinson gerichtet.

Der Neurologe überwies mich ins Krankenhaus, um verschiedene Ausschlussdiagnosen zu erhalten. Er sagte es auch etwas vorsichtig, indem er meinte, er könne Parkinson nicht mehr ausschließen.

Dann ging alles auch sehr schnell und obwohl die Diagnose einerseits ein Schock war, so war es auch wie eine Befreiung. Die Blicke der Leute in den letzten Wochen wegen meines Zitterns waren schon sehr belastend für mich.

Privat ging ich sehr offen damit um, beruflich habe ich es verheimlicht.

Dies funktionierte auch zwei Jahre recht gut. Ich war im Vertrieb tätig und konnte mir meine Zeit frei einteilen.

Natürlich merkte ich, dass in Stresssituationen das Zittern stärker wurde und verschiedene Kunden merkten es auch, das war an den Blicken zu ersehen. Im Oktober 2012 hielt ich eine Präsentation beim Kunden und bin dabei völlig erstarrt. Mein Kollege bemerkte, dass etwas nicht stimmte und ist eingesprungen. Die Situation wurde gerettet, aber für mich war klar, dass ich so nicht weiter machen kann.

Nach einem Gespräch am Abend mit meiner Frau, beschloss ich mit offenen Karten zu spielen und suchte das Gespräch mit meinem Chef. Er hatte überraschenderweise recht gut reagiert und die Arbeit konnte umgestellt werden, sodass für mich ein Weiterarbeiten, wenn auch nicht mehr im Vertrieb und zu anderen Konditionen, möglich war.

Zwischenzeitlich war auch zeitweise ein starker Einbruch zu verzeichnen. Im Allgemeinen habe ich gelernt damit zu leben, wenn auch meine Frau oder Tochter mich manchmal bremsen müssen.

Im Jahr 2017 musste mir eingestehen, dass ich die volle Arbeitsleistung nicht mehr erbringen konnte. Ich konnte nach Rücksprache mit meinem Chef meine Arbeitszeit verkürzen. Parallel dazu habe ich die Teilerwerbsminderungsrente beantragt, die auch im Laufe des Jahres bewilligt wurde. Es war ein schwerer Schritt dies alles zu akzeptieren, ich merkte jedoch sehr deutlich, dass die geringere Arbeitsbelastung vieles auffangen kann.

Leider machten auch die folgenden Jahre keinen Stillstand und die Erkrankung ging seinen Weg nach vorne.

Somit musste ich 2018 aus dem Berufsleben aussteigen. Ein harter Schlag den man hier zu spüren bekommt wenn man mit 48 Jahren nicht mehr im Berufsleben bestehen kann.

Aber auch hier konnte ich feststellen dass es dem Verlauf der Krankheit sehr zu Gute kommt.

Die Unterstützung der Familie und Freunden und der Kontakt zu Menschen in der SHG haben mich in den letzten 10 Jahren stets begleitet und ich kann dies alles nur als Empfehlung an jeden Betroffenen und Angehörigen weiter geben.

Früher war mein Leben voll durchgeplant und ich hatte viele Träume dabei die einmal verwirklicht werden sollten.

Dies ist seit der Diagnose alles Vergangenheit.

Heute genieße ich den Moment und den Augenblick in dem ich lebe.

Wenn es mir an einem Tag gut geht und schönes Wetter ist buche ich spontan ein NRW Ticket und mache mich zu einer Wander- und Fototour auf den Weg.

Planung gibt es höchstens noch bis zum nächsten Urlaub.


Sybille Hardt

Irgendwann im Laufe des Jahres 2010 suchte ich meinen Hausarzt wegen andauernder linksseitiger Schulter-Nackenschmerzen auf. Diese hatte ich schon längere Zeit, maß ihnen jedoch nicht allzu viel Bedeutung bei, da ich sie im Zusammenhang mit meinem Beruf sah. Als Krankenschwester arbeitete ich bereits etliche Jahre sowohl im Krankenhaus als auch in der ambulanten Pflege. So dachte ich mir, meine Schmerzen kommen durch die körperliche Belastung. Doch irgendwann wurden meine Beschwerden so massiv, dass ich beinahe den linken Arm nichtmehr richtig anheben konnte. Dies führte mich zu dem Verdacht, ich könnte einen Bandscheibenvorfall haben und darum ging ich zum Arzt. Eine orthopädische Untersuchung bestätigte den Verdacht jedoch nicht. Einige Zeit später hatte ich in meinem linken Arm und Hand zeitweise Sensibilitätsstörungen, Kribbel- und Taubheitsgefühle. Es wurde ein Belastungs-EKG durchgeführt, was aber kardiale Ursachen ausschloss. Also arbeitete ich weiter mit meinen Beschwerden. Nach einigen weiteren Wochen fiel mir auf, dass die Finger meiner linken Hand sehr zitterten, was mich wieder zu meinem Arzt führte. Dieser überwies mich dann zum Neurologen. Inzwischen keimte in mir selbst der Gedanke Richtung Parkinson auf, Diesen Verdacht hatte dann der Neurologe auch sehr schnell. Im Januar 2011 erhielt ich die Bestätigung: Diagnose Morbus Parkinson. Damals war ich 45 Jahre alt. Der Neurologe meinte aber direkt zu mir, dass er davon ausgeht, dass ich die Erkrankung bereits vier bis fünf Jahre hätte. Bei meiner Arbeit versorgte ich immer wieder Menschen die an Parkinson erkrankt waren, aber meine eigenen Symptome erkannte ich nicht. Besser gesagt war es so, dass ich sie nicht als solche erkannte. Das waren beispielsweise Gleichgewichtsstörungen, Stolpern auf ebenem Boden, gegen Hindernisse laufen, denen ich eigentlich ausweichen wollte, usw.. Vieles davon hatte ich manchmal auch als Kind. Irgendwann sah ich es einfach so als normal bei mir an. Aber manche Auffälligkeiten waren mir einfach nicht bewusst, so beispielsweise, dass mein linker Arm nicht mitschwang  sondern eher verkrampft von mir gehalten wurde und einiges mehr. Meine Chefin jedoch sprach mich öfter mal darauf an, dass sie den Eindruck habe, mit mir sei etwas nicht in Ordnung und ich solle mal zum Arzt gehen.

Nun hatte ich also die Diagnose. Was nun? Ich ging von Beginn an offen damit um, erzählte es den Menschen, die mir wichtig sind und auch meinen Kollegen.  Anfangs führte ich meine Arbeit wie gewohnt weiter durch. Doch mit der Zeit wurden meine Verlangsamung und die Muskelsteifigkeit stärker, obwohl ich medikamentös gut eingestellt war. Eine besondere Schwierigkeit stellte die zunehmende Verschlechterung der Feinmotorik meiner Hand dar. So konnte ich manche Aufgaben nicht mehr durchführen. Ich reduzierte meinen Stellenumfang immer mehr und bin inzwischen wegen voller Erwerbsminderung berentet. 

Wie es mir damit geht? Ich muss sagen, dass ich von Beginn an recht positiv damit umgehen konnte, was zu einem großen Teil an meinem Umfeld lag und liegt. Es begegnete mir nicht nur Mitleid und Bedauern sondern eher Unterstützung und Ermutigung. Auch die Reaktion meiner Chefin, die mich nicht aufgab, sondern weiterhin einsetzte und unterstützte und meine Kollegen, die mir ebenfalls Hilfe anboten, ermutigten mich sehr. 

Privat gab es zwar mit der Zeit mancherlei Dinge, die ich nichtmehr oder nur noch schlecht machen konnte. Aber ich entdeckte dafür neue Dinge mit denen ich mich bis dahin kaum oder gar nicht beschäftigt hatte und die mir neue Möglichkeiten eröffneten. Natürlich gibt es immer wieder Situationen in denen mich die Wut packt oder ich deprimiert bin. Vor allen Dingen dann, wenn ich Wünsche und Träume aufgeben muss, einfach weil ich es nicht mehr kann. Aber ich bin froh, dass ich mir in solchen Momenten schnell wieder bewusst machen kann, was ich schon alles Schöne erlebt habe – trotz der Erkrankung, z.B. wunderbare Reisen.

Unsere SHG besuche ich zusammen mit meinem Mann seit deren Gründung. Hier findet ein Austausch mit Gleichgesinnten statt. Man gibt sich gegenseitig Tipps, Ermutigung, bespricht Probleme. Aber, und das finde ich besonders wichtig und schön, wir freuen uns an der Gemeinschaft miteinander, lachen, unternehmen etwas miteinander.

Ein Motto, das ich in einem von mir selbst geschriebenen Gedicht zum Thema Parkinson weitergeben möchte lautet:

„… So lasst auch ihr den Kopf nicht hängen und nehmt die Krankheit eben an, 

      dann merkt ihr, dass trotz vielen Zwängen, das Leben auch noch schön sein 

      kann.“



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